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Physik-Brunch (04.11.2012) im Kinder- und Jugendmuseum Nürnberg geht diesen Winter in die zweite Runde

 NÜRNBERG – Am vergangenen Sonntag fand im Kinder- und Jugendmuseum Nürnberg der erste Physik-Brunch der Saison 2012/2013 statt. Drei folgen noch in den nächsten Monaten.

Er selbst sei dem Kreiselfieber schon lange erlegen. „Ich hoffe, ihr seid es heute am Ende auch“, teilt Jürgen Becker am Anfang mit. Der frühere Physiklehrer arbeitet ehrenamtlich für das Kinder- und Jugendmuseum in Nürnberg. Von November bis Februar veranstaltet er jeden Monat einmal einen Physik-Brunch.

Der Ablauf ist stets derselbe: Zum Einstieg dürfen sich alle an dem reichhaltigen Frühstücksbuffet stärken. Und hier ist garantiert für alle Geschmäcker etwas dabei. Dafür sorgen die beiden Damen vom Museumscafé. Natürlich darf auch zwischendurch in den kleinen Pausen zugegriffen werden. Danach startet der interessante und spielerische Teil. Dieses Mal startete Becker mit einer Vielzahl selbstgemachter Kreisel. Wohl niemand hätte hinter den ganzen Alltagsgegenständen ein Kinderspielzeug vermutet. Wichtig sind zwei Teile: eine Schwungmasse und die Achse. Auf einem Tablett lässt der kreative Kopf Stöpsel oder Buttons auf Zahnstocher, CD-Scheiben mit Murmel, einen Bierdeckel mit Bleistift oder auch Tomatendosen wirbeln. Das ist sogar ein Weg der Wiederverwertung, „aus Abfallprodukten Spielzeug bauen“, wie Jürgen Becker es nennt.

Seinen Vortrag hat er dreigeteilt. Neben dem praktischen Teil, wo jeder selbst ausprobieren darf, erzählt er über die physikalischen Hintergründe und über die Geschichte des Kreisels. Den gibt es schon seit 5000 Jahren im alten Mesopotamien. Das Prinzip verwendeten die Menschen beispielsweise beim Spinnen mit der Spindel. „In Indien bestanden die Töpferplatten aus sich drehenden Scheiben und einer zentralen Achse“, bemerkt der Physikdidaktiker. Und auch die Bohrer der Steinzeit folgten dem Grundsatz des Kreisels. Aus einem achteckigen Grundkörper besteht der Dreidel. Dabei handelt es sich um ein traditionell jüdisches Spiel. Je nachdem, auf welche Seite er fällt, muss der Mitspieler aussetzen, gewinnt oder verliert er Einsatz. Daraufhin kam eine Bastelpause. Jeder durfte den Dreidel nachbauen und selbst eine Partie spielen.

Was Nutation und Präzession bedeutet, konnten die Zuschauer mit einer Demonstration begreifen. „Da drin steckt schon tiefste Physik“, erklärt Becker. Doch mit Hilfe der Vorführung wird jedem der Unterschied klar. Bei der Nutation herrscht ein kräftefreies Kreisen, bei dem die Achsrichtung gleichbleibt. Durch einen Schlag „eiert“ die Achsbewegung. Bei der Präzession zeichnet die Achse einen Kegel in die Luft. Ihre Richtung ändert sich immerzu. Auch die Erde ist ein Präzessionskreisel. Da nicht komplett rund, herrscht ein Drehmoment. Dabei versucht die Erde, ihre Achse wieder aufzurichten. Diese Kräfte entstehen durch den rund 20 Kilometer breiteren Äquatorwulst.

Danach durften noch einmal die Kinder kreiseln lassen. Der Farbmischkreisel vermittelte das RGB-System, das auch auf Bildschirmen vorherrscht. Denn mit den Farben rot, grün und blau lässt sich jede andere mischen. Dreht man zum Beispiel einen rot-blauen Kreisel, nimmt das Auge türkis wahr. Mit dem Malkreisel können Kinder und Eltern prächtige Bilder zeichnen.

Außerdem geht Jürgen Becker noch auf die technische Anwendung des Kreisels ein. In jedem Smart-Phone findet man ihn. Ohne ihn gäbe es kein GPS. Denn weiterentwickelt kann das Kinderspielzeug die drei Drehbewegungen im Raum messen und so den Ort feststellen. Das Verblüffendste am Schluss: Dreht man ein gekochtes Ei in einer Schale, stellt es sich von alleine auf. „Doch bitte fragt keiner, warum das Ei ein Stehaufkreisel ist“, lacht der ehrenamtlich Engagierte. Da müsse man schon in die tiefe mathematische Physik einsteigen.

Am 2. Dezember von 10 Uhr bis 12 Uhr gibt es den nächsten Physik-Brunch zum Thema Weihnachten. Anmelden kann man sich telefonisch unter 0911 600040 oder bei info@museum-im-koffer.de.

 

Hedwig Unterhitzenberger

Bilder:
Hedwig Unterhitzenberger
Annette Beyer